Lebendige Geschichte
„Ich verkaufe alles. Außer Frauen und Autos.“, sagt Hubert von Seidlein, Senior Chef des stadtbekannten Radspieler augenzwinkernd über sein Geschäft im Hackenviertel. Das Hackenviertel ist einer der ältesten Münchner Stadtteile. 1363 wird der Name im Ratsbuch der Stadt erstmals urkundlich erwähnt. Abgeleitet wurde er wohl von der Haaglandschaft, einem eingefriedeten Grund. Im Volk ist für das Viertel freilich schon ein ganz anderer Name geläufig. Kramerviertel nennen es die Leute. Weil hier zahlreiche Krämer der Stadt, Handel treibende Bürger, leben. Dass diese ihr Geschäft gut verstehen, zeigt der Aufstieg einiger zu Königlich Bayerischen Hoflieferanten. Dem Radspieler und dem Völkel etwa werden diese Ehre zuteil. Und beide Geschäfte gibt es noch immer im Viertel, indem sich die bewegte Münchner Stadtgeschichte geballt wie an kaum einem anderen Ort spiegelt. Man kann hier alte historische Schätze entdecken, auf den Spuren berühmter Persönlichkeiten wandeln und erleben, dass Geschichte niemals zu Ende ist.
So wohnte etwa Heinrich Heine, die wohl spitzeste Zunge der deutschen Literatur von 1827 bis 1828 in dem Haus im Hackenviertel, in dem Josef Radspieler später seine Vergolderwerkstatt und seine Wohnung einrichten wird. Heine, der als Redakteur in München arbeitete, wurde freilich nicht so recht glücklich in der Stadt. „Ich werde hier sehr ernsthaft, fast deutsch. Ich glaube, das tut das Bier.“, klagt er damals in einem Brief an einen Freund. Das Münchner Bier mit seiner wundersamen Wirkung genießt Heine übrigens nicht selten in der seiner Wohnstatt nahegelegen Hundskugel. Seit 1440 sitzen die Münchner in der Wirtschaft in der Hotterstraße schon beieinander. Es ist die nachweisbar älteste der Stadt. Der ungewöhnliche Name leitet sich übrigens vom Hauszeichen des Bürgerhauses ab, das sechs mit einer Kugel spielende Hunde zeigt.